Wenn man eine Rehabilitation für Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen wahrnehmen möchte – egal ob ambulant, teilstationär oder stationär – wird in der Regel eine substanzübergreifende Abstinenz vorausgesetzt. Doch ist diese wirklich so substanzübergreifend? Bei genauerem hinsehen merkt man schnell, dass Nikotin oder Koffein wie selbstverständlich aus diesem Ansatz ausgenommen wird. Genau darüber spreche ich auch in meiner aktuellen Podcastfolge. Ihr könnt diese über diesen Link einfach auf eurem Lieblingsplayer hören. Ich freue mich, wenn ihr meinen Podcast unterstützt und ihm ein Follow und eine Bewertung dalasst.

Welche Arten von Abstinenz gibt es?

In der klassischen Suchttherapie gibt es zu dieser Frage eigentlich nicht so viel zu diskutieren. Eine substanzübergreifende Abstinenz wird hier von den Kostenträgern wie die Deutsche Rentenversicherung und der Krankenkasse schlichtweg gefordert. An dieser wird auch der Erfolg einer Rehabilitation gemessen. Schaut man jedoch etwas über den Tellerrand findet man durchaus andere Arten der Abstinenz.

Bei der Punktabstinenz geht es darum, eine Abstinenz in verschiedenen Situationen oder Settings aufrecht zu erhalten, so dass der Schaden des Konsums minimiert werden kann. Dies kann z.B. sein, dass keine psychoaktive Substanz vor und während der Arbeit konsumiert wird oder lediglich an den Wochenenden.

Eine Teilabstinenz bedeutet, dass man abstinent von seiner Hauptsubstanz und evtl. sehr ähnlichen Substanzen lebt (z.B. der komplette Verzicht auf Opiate, auch wenn Tilidin die Hauptsubstanz ist). Auch wenn diese Art von Abstinenz nicht so oft thematisiert wird, findet sie doch viel häufiger im therapeutischen Setting statt als man denkt. Aus eigener Erfahrung in Austausch mit niedergelassen Psychotherapeut:innen wird hier maßgeblich darauf geschaut, dass der Konsum der Hauptsubstanz eingestellt wird.

Kontrollierter Konsum – ein Mythos?

Als Joachim Körkel sein Konzept des kontrollierten Trinkens aufgestellt hat, war der Aufschrei groß. Es war ein regelrechter Tabubruch in der Suchttherapie. Trotzdem hat das Programm bestand, wurde noch mit dem Programm KISS für illegalisierte Substanzen erweitert und wird deutschlandweit als Gruppenprogramme durchgeführt und auch evaluiert. Ein weiteres Programm, dass zieloffen vorgeht ist das Programm “SKOLL” . Dieses unterscheidet sich vom Kontrollierten Konsum Programm dadurch, dass es sich eher als Coaching Programm wahrnimmt, dass im Gruppensetting die einzelnen Teilnehmer:innen darin motiviert, ihre eigenen Ziele zu verwirklichen.

Zum Thema Kontrollierten Trinken gibt es eine tolle Podcastfolge vom letzten Jahr! Wen dieses Thema interessiert kann gerne unter diesem Link reinhören.

Welcher ist der beste Ansatz?

Immer wieder wird auf Fachkonferenzen darüber diskutiert, welcher nun der beste Ansatz sei. Wenn ihr mich fragt – eine absolut überflüssige Diskussion. Wer einen abstinenzorientierten Ansatz für sich wählt hat Zugriff auf ein viel intensiveres Therapieprogramm, das in seiner Intensität nicht mit dem Gruppenprogramm zum kontrollierten Konsum zu vergleichen. Ansätze wie die Teilabstinenz wurden noch nie in Deutschland gezielt untersucht und therapeutisch begleitet. Wir wissen jedoch, dass wir mit dem strikten Abstinenzansatz viel zu wenig Menschen erreichen. Hier geht es nicht um ein besser oder schlechter – die einzige Frage die zählt, ist, wie man eine differenzierte Behandlungslandschaft kreieren kann um die bestmöglichste Versorgung zu gewährleisten.


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