In Brandenburg sind ein 13-jähriges und ein 15-jähriges Mädchen gestorben, ihre Tode werden mit dem Konsum von Ecstasy in Verbindung gebracht. Die Erschütterung und Anteilnahme an diesem tragischen Schicksal ist groß, und eine schnelle Lösung für das Problem soll gefunden werden. Dafür werden in den Medien und auch auf Social Media nach Verantwortlichen gesucht, und es kommt zu zügigen Verhaftungen der mutmaßlichen Dealer. Besorgte Bürgerinnen und Bürger fordern höhere Strafen für den Verkauf illegalisierter Substanzen und hoffen dabei auf eine positive Veränderung. Doch eine härtere Strafverfolgung hat noch nie etwas am Substanzkonsum geändert!
Was ist Ecstasy eigentlich?
Mit Ecstasy sind Pillen gemeint, die in der Regel MDMA enthalten. MDMA ist ein Empathogen und wird aufgrund seiner Wirkung auch als ‘Liebesdroge’ bezeichnet. Man fühlt sich nach der Einnahme mit anderen Menschen verbunden, ist euphorisch und kann eine tiefe Verbundenheit mit sich und seiner Umwelt spüren. Auch Farben, Berührungen und Musik können intensiver wahrgenommen werden. Aufgrund der Wirkung wurde es schon in den 1980er-Jahren in der Psychotherapie genutzt. Heutzutage gibt es wieder Forschung zur MDMA-gestützten Psychotherapie, vor allem für Menschen mit posttraumatischer Belastungsstörung.
Als akute unerwünschte Wirkung von MDMA können Dehydrierung, starkes Schwitzen, Schlaflosigkeit, Hyperthermie, Kieferkrämpfe, Konzentrationsschwierigkeiten, Schwierigkeiten beim Wasserlassen und innere Unruhe auftreten. Zusätzlich können ungünstige äußere Faktoren wie hohe Umgebungstemperatur, hohe Luftfeuchtigkeit, längere körperliche Betätigung und unzureichende Flüssigkeitszufuhr dazu führen, dass die Körpertemperatur der konsumierenden Person gefährlich ansteigt. Aufgrund der euphorisierenden und stimulierenden Wirkung von MDMA kann es passieren, dass die konsumierende Person diesen gefährlichen Zustand nicht wahrnimmt und im schlimmsten Fall einen Hitzschlag erleidet. Ruhepausen und ausreichende Flüssigkeitszufuhr sind während des Konsums essenziell. Dabei sollte darauf geachtet werden, weder zu viel noch zu wenig Wasser zu trinken!
In den folgenden Tagen kann es zu depressiven Verstimmungen kommen. Dies liegt unter anderem daran, dass während des MDMA-Konsums eine übermäßige Ausschüttung des Neurotransmitters Serotonin stattfindet, der in den darauffolgenden Tagen dann fehlt.
In einer nun schon etwas älteren Podcastfolge (5. MDMA/ Ecstasy und Serotoninsyndrom) habe ich auch ausführlicher über die psychoaktive Substanz gesprochen. Ihr findet meinen Podcast “Psychoaktiv” überall wo es Podcasts gibt.
Was macht die Ecstasypille “Blue Punisher” so gefährlich?
Neben den bereits erwähnten unerwünschten Wirkungen kann es bei Mischkonsum oder sehr hohen Dosen zu einem Serotoninsyndrom kommen. In den Medien wird derzeit hauptsächlich über die Ecstasy-Pille ‘Blue Punisher’ diskutiert, eine blaue Pille mit Totenkopfprägung (siehe Bild). Bei Drug-Checking in der Schweiz wurde festgestellt, dass diese Pille eine Dosierung von 271,9 mg aufweist. Als Richtwert für eine angemessene Dosierung von MDMA gilt derzeit 1,5 mg/kg für Männer und 1,3 mg/kg für Frauen. Für ein 50 kg schweres Mädchen wäre dies also 65 mg MDMA. Die genannte Ecstasy-Pille ist also über viermal so stark. Allerdings reagiert jeder Mensch unterschiedlich auf psychoaktive Substanzen, daher dient diese Aussage lediglich als Orientierung.
Wie bereits erwähnt, haben Ecstasy-Pillen verschiedene Farben, Formen und Prägungen. Durch Drug-Checking in unseren Nachbarländern können manchmal Rückschlüsse auf die Konzentration und mögliche Verunreinigungen gezogen werden, wenn Konsumenten ihre psychoaktive Substanz anonym auf Dosierung und Inhaltsstoffe testen lassen. Allerdings handelt es sich bei einem Schwarzmarkt nicht um einen regulierten Markt, daher ist es gut möglich, dass Pillen trotz gleicher Farbe und Prägung in ihrer Konzentration erheblich variieren! Darüber hinaus gibt es in Deutschland immer noch kein Drug-Checking.
Bei hoher Dosierung oder ungünstigem Mischkonsum kann ein Serotoninsyndrom auftreten – eine Folge einer zu hohen Konzentration von Serotonin in unserem Körper, eine Art “Serotoninvergiftung”. Dies kann im schlimmsten Fall tödlich sein. Bei den unten aufgeführten Symptomen sollte unbedingt ein:e Ärzt:in hinzugezogen werden!
Wie kann mit Konsum illegalisierter Substanzen bei Jugendlichen umgegangen werden?
Ich kann den Wunsch nach einer schnellen Lösung für die Erschütterung über die tragischen Tode der Mädchen nachvollziehen. Es liegt nahe, nach einem Schuldigen zu suchen und verstärkte Maßnahmen zur Eindämmung des Substanzhandels zu fordern. Schließlich sollte alles, was illegal ist, nicht toleriert werden. Immer wieder wurde versucht, an den Mechanismen der Strafverfolgung und der Prohibition zu drehen, in der Hoffnung, dass sich dadurch etwas an den Drogenproblemen ändert. Leider war dies bisher noch nie der Fall. Wenn ein Dealer aufgrund seines Verkaufs ins Gefängnis kommt, wird ein anderer seinen Platz einnehmen. Es ist ein aussichtsloser Kampf gegen Windmühlen, den die Justiz nicht gewinnen kann.
Im ersten Schritt sollten wir akzeptieren, dass Drogenkonsum stattfinden wird, unabhängig davon, ob eine Substanz legal ist wie Alkohol und Tabak oder illegalisiert wurde. Bei einem illegalen Markt kommen jedoch diverse Schwierigkeiten hinzu, die den Umgang mit psychoaktiven Substanzen erschweren. Aufgrund des Schwarzmarktes gibt es keine Qualitätskontrolle. Während wir uns darauf verlassen können, dass ein Bier die angegebenen Inhaltsstoffe enthält und bestimmte Sicherheitsstandards erfüllt, haben wir bei illegalen Substanzen keine Gewissheit. Eine Möglichkeit, dies zu verbessern, besteht natürlich in der Legalisierung gängiger psychoaktiver Substanzen. Da dies jedoch derzeit noch sehr unrealistisch ist, kann das bereits erwähnte Drug-Checking eine Möglichkeit bieten, als Konsument mehr Kontrolle über den eigenen Konsum zu erlangen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Jugendliche nicht vom Drug-Checking-Service ausgeschlossen werden! In Deutschland ist nun endlich auch integriertes Drug-Checking geplant. “Integriert” bedeutet, dass nicht nur die Substanz auf ihre Inhaltsstoffe überprüft wird, sondern dass die konsumierende Person auch ein Beratungsgespräch erhält.
Aufgrund der Illegalität psychoaktiver Substanzen fällt es besonders schwer, den eigenen Konsum transparent zu gestalten. Es gibt viele Gründe dafür, aber eines ist sicher: Viele Menschen können sich nicht vorstellen, dass ein risikoarmer Konsum illegalisierter Substanzen möglich ist, ohne zwangsläufig zu einer Abhängigkeitserkrankung zu führen. Während Eltern oder andere Angehörige in der Regel wissen, wie sie mit dem ersten Alkoholrausch eines Kindes umgehen sollen, fällt die Einschätzung des Konsums illegalisierter Substanzen oft schwer, da es schlichtweg an Informationen und einer etablierten Konsumkultur fehlt. Angesichts der hohen Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Konsum illegalisierter Substanzen fällt es schwer, einen konstruktiven Austausch und eine Orientierung zu schaffen, um sehr riskante Konsumweisen zu identifizieren und im besten Fall durch Informationen und sicherere Verwendungspraktiken abzuwehren.
Fazit
Es gibt keine Möglichkeit einen Konsum von illegalisierten Drogen zu vermeiden! Das ist ein Grundsatz, den es zu verinnerlichen gilt, denn nur dann ist es auch möglich an den Stellschrauben zu drehen, die tatsächlich eine Wirkung entfalten können. Entstigmatisierung des Konsums illegalisierter Substanzen, Gespräche auf Augenhöhe mit konsumierenden Personen, Entdramatisierung von Drogenkonsum, Drug-Checking, Safer Use Aufklärung etc. – all das sind Möglichkeiten Drogenkonsum konstruktiv zu begleiten, anstatt ihn mehr ins Abseits zu manövrieren und es konsumierenden Personen dadurch immer schwerer zu machen sich zu öffnen.
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