In der deutschen Suchthilfe bewegt sich was! Nach der Beendigung der Modellphase ging die Plattform für digitale Suchtberatung “DigiSucht” Anfang 2024 nun bundesweit verfügbar. Damit wird ein umfangreiches digitales Suchtberatungsangebot geschaffen, das wirklich seines gleichen sucht. Damit wir einen Einblick bekommen, was genau DigiSucht eigentlich ist und für was es dieses Angebot braucht, habe ich Melanie Wolff der Suchtkooperation NRW in meinen Podcast eingeladen um über dieses Thema zu sprechen. Ihr findet meinen Podcast wie immer unter diesem Link auf eurem Lieblingsplayer.
Warum braucht es digitale Suchtberatung?
Für manche mag diese Frage absolut überflüssig erscheinen, oder sie fragen sich vielleicht: Warum wird sie erst jetzt gestellt? Dennoch möchte ich auf einige Situationen aus meiner beruflichen Praxis eingehen, in denen mir deutlich wurde, dass eine digitale Suchtberatung einfach fehlt. Wenn man wie ich schon länger in einer Großstadt lebt, kann es sein, dass man sich daran gewöhnt hat, dass man überall gut mit der Bahn hinkommt. Häufig werde ich jedoch von Podcasthörer:innen angeschrieben, die nicht wissen wie sie zu ihrer zuständigen Beratungsstelle kommen sollen. Es fehlt eine gute Bahnverbindung und vielleicht auch der Führerschein (ein häufiges Problem in der Suchthilfe). Die bloße Distanz und der unzureichende Ausbau von öffentlichen Verkehrsmitteln kann somit eine unüberwindbare Hürde darstellen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Anonymität. Viele Menschen zögern, Hilfe zu suchen, insbesondere bei Suchtberatungsstellen, weil sie nicht gesehen oder erkannt werden möchten. Die Angst vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung ist ein starkes Hindernis, das Menschen davon abhält, die Unterstützung zu suchen, die sie benötigen. Auch verschiedene psychische Erkrankungen wie z.B. Angsterkrankungen erschwert es Menschen enorm das Haus zu verlassen und Hilfe aufzusuchen. Ein digitales Angebot kann für viele Menschen die Schwellen senken um sich Hilfe zu holen.
Konkurrenzfähigkeit zum privaten Markt
Wie auch schon in anderen psychischen Bereichen gibt es auch immer mehr private Angebote von Coaches im Themenbereich der Sucht. Diese vereint unter anderem, dass es keine standardisierte Qualitätssicherung gibt (z.B. ist Coach kein geschützter Begriff und die Ausbildungen können sich massiv unterscheiden). Das macht es für Betroffene schwierig, seriöse und hilfreiche Angebote von denen zu unterschieden, die es eben nicht sind. Allerdings zeigt das wachsende Angebot auch, dass definitiv auch eine Nachfrage nach digitalen und flexiblen Angeboten da ist. Obwohl viele Fachkräfte im Gesundheitswesen vermutlich eine stärkere Regulierung des privaten Marktes begrüßen würden, bietet es sich auch an, einen alternativen Ansatz zu verfolgen, indem das offizielle Angebot gestärkt wird und man eben auch eine starke Alternative bietet. Dass es nun möglich ist von (fast) überall in Deutschland eine digitale Suchtberatung via Chat und Video-Call wahrzunehmen, ist für mich definitiv ein wichtiger Schritt seitens der professionellen Suchthilfe im digitalen Raum mitzumischen.
Unterstützt Künstliche Intelligenz bald die Suchthilfe?
Spannend ist zu sehen, dass auch über den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Suchthilfe diskutiert wird. Zu diesem Zweck wurde Anfang des Jahres ein Hackathon von Nuvio – Institut für Gesundheitsgestaltung veranstaltet und durch das Bundesministerium für Gesundheit in Kooperation mit der Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V. gefördert. In diesem Hackathon haben sich interdisziplinäre Teams zusammengefunden und sich unterschiedliche Einsatzmöglichkeiten von KI in der Suchthilfe überlegt. Dabei gab es ganz verschiedene Ansätze wie z.B. einen ChatBot der bei helfen kann das passende Hilfsangebot zu finden bin hin zu ChatBots die erste motivierende Arbeit leisten sollen. Ob und welche Projekte am Ende umgesetzt werden, wird eine Frage der Finanzierung bleiben. Ich hoffe auf jeden Fall sehr, dass die Ideen nicht nur bei einem Konzept bleiben.
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