Das Wichtigste in Kürze

✓ Die Alkohol-Lobby vertritt die Interessen der Alkoholindustrie. Der bekannteste Lobbyverband ist dabei der Deutsche Brauer Bund.

✓ Ziel der Alkohol-Lobby ist es dafür zu sorgen, dass in Deutschland keine höheren Steuern und keine Einschränkungen bei Werbung oder Verkauf durchgesetzt werden.

✓ Strategien der Alkohol-Lobby ist z.B. die Risiken von Alkohol runterzuspielen (Framing) oder gesetzlichen Veränderungen vorzugreifen, in dem sie sich eigene Regeln setzt (Selbstregulierung). Dafür werden auch Präventionskampagnen durchgeführt, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist

✓ Die Alkohol-Lobby scheint erfolg zu haben, denn die Steuern sind in Deutschland schon seit Jahrzehnten nicht geändert worden und zählen zu den niedrigsten im europäischen Vergleich.

✓ Du hörst lieber Podcasts? Dann findest Du die ausführliche Podcast-Folge unter diesem Link.


Inhalt


Was ist eigentlich Alkohol-Lobbyismus?

Auch wenn Lobbyismus für viele sicher einen negativen Beigeschmack hat, ist Lobbyismus erst einmal ein sinnvoller Bestandteil der Demokratie. Eine Lobby kann man als Interessensgemeinschaft übersetzen. Also eine Gruppe, die versucht die Entscheidungen der Politik mit den unterschiedlichsten Methoden zu beeinflussen. Dieser Akt, also die Handlung der gezielte Einflussnahme auf politische Entscheidungen ist dann eben Lobbyismus. Relevant ist also die Frage, welche Interessen vertreten werden.

Bei der Alkohol-Lobby ist es die wirtschaftliche Freiheit der Alkoholindustrie zu sichern. Dies bedeutet konkret: keine höheren Steuern, keine Einschränkungen bei Werbung oder Verkauf und ein starkes politisches Netzwerk.

Die Alkoholindustrie profitiert, wenn Deutschland säuft und schon allein das wird sich mit einer sinnvollen gesundheitspolitischen Ausrichtung immer widersprechen.

Einer der mächtigsten Player in der Alkohol-Lobby ist der Deutsche Brauerbund. Er setzt sich maßgeblich für die Bierindustrie ein. Auf ihrer Seite beschreiben sie ihre Mission wie folgt:

(…) Er ist in Deutschland und darüber hinaus die starke Stimme der Branche gegenüber Staat, Gesellschaft und Partnern der Wirtschaft. Der Deutsche Brauer-Bund vertritt die Interessen aller deutschen Brauer zum Erhalt optimaler Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene. Aufgabe des Brauer-Bundes ist es, den guten Ruf des deutschen Bieres zu erhalten und zu fördern und sich auch für den Erhalt des Reinheitsgebotes einzusetzen.

Startseite – Deutscher Brauer-Bund

Doch wie schafft es die Alkohol-Lobby ihre Ziele durchzusetzen und Deutschland zu einem Land mit optimalen Rahmenbedingungen zu machen bzw. zu erhalten?


Warum die Alkohol-Lobby am Genusskonsum festhält

Eine zentrale Strategie der Alkohol-Lobby ist das sogenannte Framing. Durch gezielte Kommunikation werden die Risiken von Alkohol verharmlost. Der Mythos vom „gesundheitsfördernden moderaten Konsum“ ist ein Paradebeispiel für diese Taktik. Gleichzeitig betont die Lobby immer wieder die Trennung zwischen „verantwortungsvollem Genuss“ und „missbräuchlichem Konsum“. Dadurch lenkt sie geschickt von den gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen ab und versucht sich ein gutes Image zu sichern. Laut eigener Aussage möchte sie ihre Produkte nur an Menschen verkaufen, die verantwortungsvoll genießen. Fakt ist allerdings auch, dass knapp die Hälfte ihres Umsatzes durch Hochrisiko- und Risiko-Konsum gemacht wird.


„Don`t Drink and Drive“ – Präventionskampagnen der Alkohol-Lobby

Neben ihrer Arbeit, Alkohol immer wieder in besonders guten Licht darzustellen und das Risiko von eben diesem herunterzuspielen, macht die Alkohol-Lobby auch ihre eigenen Präventionskampagnen. Das hört sich vielleicht erst einmal etwas abstrus an, aber dahinter steckt natürlich Taktik. Die Alkoholindustrie möchte sich nämlich selbst regulieren. Sie belegt sich selbst mit Regeln für ihre Werbung und macht eigene Präventionskampagnen. Dabei geht es maßgeblich darum, gesetzlichen Festlegungen entgegenzusteuern und das Zeptar selbst in der Hand zu behalten.

Präventionskampagnen wie „Don’t Drink and Drive“ oder „Bier bewusst genießen“ sind Kampagnen vom Deutschen Brauer Bund. Sie vermitteln den Eindruck von Verantwortung, normalisieren aber gleichzeitig den Konsum. Ein besonders perfides Beispiel ist dabei, dass in der Kampagne „Bier Bewusst genießen“ der Konsum von Bier damit in Verbindung gebracht wird, dass konsumierende Frauen schlanker seien als abstinente Frauen.

Das Landesgericht Berlin hat dem Deutschen Brauer Bund übrigens 2011 verboten, mit positiven gesundheitsbezogenen Wirkungen von Bier zu werben. Doch nichts anderes ist diese Aussage und das zusätzlich noch getarnt als Präventionskampagne für einen bewussten Konsum.

Die Wirksamkeit der Präventionskampagnen der Alkohol-Lobby wurde nie nachgewiesen.


Du bist interessiert an Suchttherapie und möchtest dich gerne über Konsum, Drogen und Sucht informieren?

Dann abonniere jetzt meinen monatlichen psychoaktiven Newsletter!


Alkohol-Steuern: Ein Relikt aus dem letzten Jahrhundert

Die Besteuerung von Alkohol in Deutschland ist bemerkenswert niedrig und seit Jahrzehnten kaum angepasst worden. Die Biersteuer, die mit etwa 1,80 Euro pro Liter Reinalkohol eine der geringsten Alkoholsteuern in Europa ist, wurde zuletzt 1957 angepasst. Im Vergleich dazu erhebt Finnland beispielsweise 1,83 Euro pro Liter Bier, weit mehr als die deutschen 0,09 Euro pro Liter. Andere Alkoholsteuern, wie die für Spirituosen (13,03 Euro/Liter Reinalkohol) oder Schaumwein (12,36 Euro/Liter Reinalkohol), stammen aus den 1980er Jahren. Besonders auffällig: Wein wird in Deutschland überhaupt nicht besteuert – ein Vorgehen, das Deutschland mit 15 anderen EU-Ländern teilt. Diese minimalen Steuern machen Alkohol in Deutschland sehr günstig und tragen dazu bei, dass der Konsum hoch bleibt. Trotz zahlreicher wissenschaftlicher Erkenntnisse über die gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen hat sich an diesem Steuersystem seit Jahrzehnten nichts geändert.

Dabei wäre dies dringend nötig, denn der Alkoholkonsum verursacht jährlich Kosten von 57,04 Milliarden Euro, die wir auf die ein oder andere Weise als Gesellschaft tragen. Dem stehen lächerliche 3,24 Milliarden Euro Steuereinnahmen entgegen.


Wie könnte es in der Alkoholpolitik weitergehen?

Steuern sind natürlich nur ein Hebel um Alkohol zu regulieren. Daneben stehen z.B. Einschränkung der Verfügbarkeit, Werbe- und Sponsoringverbote, Warnhinweise auf Flaschen etc. Dabei handelt es sich mit Nichten um eine Verbotskultur, es geht schlichtweg darum, den Alkohol unattraktiver zu machen. Prävention greift am effektivsten wenn Verhaltensprävention (Prävention, die am Verhalten des Individuums ansetzt) und Verhältnisprävention (staatliche Regulierungen) sinnvoll ineinandergreifen. Dies wird meiner Meinung nach nur passieren, wenn die Politik sich mehr von der Alkohol-Lobby distanziert und durchgreift.

Aktuell haben wir nur leider die Situation, dass die Alkoholindustrie der Gesellschaft den Alkohol hinterherschmeißen darf. Wenn es dann mal auffällt, wie überdurchschnittlich viel in Deutschland konsumiert wird, es auf die mangelnde Verhaltensprävention geschoben wird. Doch diese allein wird an der Situation niemals etwas ändern.

Alle Themen werde noch einmal ausführlicher in dieser Podcast-Folge besprochen.


Psychoaktiv braucht Deine Hilfe!

Meine Arbeit finanziert sich durch Mitgliedschaften.

Werbefrei, Bonusfolgen & exklusive Inhalte – werde Teil von Psychoaktiv+ und unterstütze meine Arbeit! Deine Unterstützung hilft mir, Psychoaktiv langfristig zu finanzieren und weiterzuführen!


Quellen für Artikel & Podcast-Folge:

Aktionswoche Alkohol. (2024). Zahlen und Fakten – Aktionswoche Alkohol 2024. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von Zahlen und Fakten – Aktionswoche Alkohol 2024

Statista. (2019). Reiner Alkohol: Pro-Kopf-Verbrauch in Europa nach Ländern 2019. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von Reiner Alkohol: Pro-Kopf-Verbrauch in Europa nach Ländern 2019 | Statista

Deutscher Brauer-Bund. (n.d.). Satzung – Deutscher Brauer-Bund. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von Satzung – Deutscher Brauer-Bund

taz.de. (n.d.). E-Zigaretten-Fachmann der Behörde BfR: Tabaklobby „kauft“ Experten. Die Tageszeitung. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von E-Zigaretten-Fachmann der Behörde BfR: Tabaklobby „kauft“ Experten | taz.de

Lobbyregister beim Deutschen Bundestag. (n.d.). Registereintrag „Deutscher Brauer-Bund e.V.“. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von Registereintrag „Deutscher Brauer-Bund e.V.“ – Lobbyregister beim Deutschen Bundestag

ZDF heute-show. (n.d.). Wie viel Macht hat die Alkohol-Lobby? #shorts. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von Wie viel Macht hat die Alkohol-Lobby? | heute-show #shorts

Abgeordnetenwatch. (n.d.). Lobbyismus auf Parteitagen: Google, Philip Morris, DFL: Das sind die Sponsoren der Parteien. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von Lobbyismus auf Parteitagen: Google, Philip Morris, DFL: Das sind die Sponsoren der Parteien | abgeordnetenwatch.de

Correctiv. (n.d.). Wie die Alkoholindustrie uns dazu bringt, immer weiter zu trinken. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von Wie die Alkoholindustrie uns dazu bringt, immer weiter zu trinken – correctiv.org

DKFZ. (2022). Alkoholatlas 2022. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von https://www.dkfz.de/de/nationale-krebspraeventionswoche-2022/alkoholatlas-2022.html

oamn.jetzt. (2024). Das Geschäft mit der Sucht. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von https://oamn.jetzt/2024/09/das-geschaeft-mit-der-sucht/

Deutscher Brauer Bund. (n.d.). Bier bewusst genießen \u2013 Informationen und Tipps rund um den verantwortungsvollen Biergenuss. Abgerufen am 30. Dezember 2024, von https://www.bierbewusstgeniessen.de/

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *