Zucker ist aktuell ein heiß diskutiertes Thema. Hier werden schon einmal Behauptungen aufgestellt, dass wir an sich alle an einer Zucker-Sucht leiden, ohne dass es uns wirklich auffällt. Genau diese Annahme möchte ich mir etwas genauer anschauen. Ausführliche Informationen zum Thema findet ihr in meiner Podcast-Folge. Diese könnt ihr unter diesem Link auf eurem Lieblingsplayer anhören.
Was ist Zucker?
Bevor wir in die Details einsteigen, klären wir die Grundlagen. Zucker ist nicht einfach nur der weiße Kristallzucker in unseren Küchenschränken. Es gibt verschiedene Zuckerarten, wie z.B. Glucose, Fructose und Lactose, die in natürlichen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse und Milch vorkommen.
Unser Körper benötigt Zucker für den Stoffwechsel, ohne Zucker wären wir nicht lebensfähig! Aber natürlich brauchen wir nicht unendlich viel und hier kommen wir zum Problem unserer modernen Ernährung: sogenannte “Freie Zucker”. Damit ist der Zucker gemeint, der den Lebensmitteln zugesetzt wird und dazu führt, dass wir schnell an unser Zucker-Tages-Limit stoßen. Besonders problematisch ist der Zucker, der schnell ins Blut gelangt, wie z.B. in Softdrinks oder Süßigkeiten. Solche Zuckerarten führen zu einem raschen Anstieg des Blutzuckerspiegels, was langfristig zu Insulinresistenz und anderen Stoffwechselstörungen führen kann.
Abzugrenzen von Zucker sind natürlich Süßstoffe. Einen Artikel zu diesem Thema findest du unter diesem Link!
Fructose: Der „gesunde“ Zucker?
Fructose, auch bekannt als Fruchtzucker, genießt den Ruf eines gesünderen Zuckers, da er in Obst und Gemüse vorkommt. Doch dieser Ruf ist trügerisch. Während kleine Mengen Fructose von der Leber problemlos verarbeitet werden, führt ein Überkonsum, wie er bei industriell gefertigten Lebensmitteln oft vorkommt, zu erheblichen gesundheitlichen Risiken. Die Leber wandelt überschüssige Fructose in Fett um, was zur Entwicklung einer Fettleber beitragen kann – ein Zustand, der heutzutage auch bei Kindern immer häufiger auftritt.
Ein weiteres Problem ist die Tatsache, dass Fructose den Harnsäurespiegel erhöht, was wiederum das Risiko für Bluthochdruck, Gicht und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigert. Daher sollte man beim Konsum von Fruchtsäften und Smoothies, die oft hohe Mengen an Fructose enthalten, vorsichtig sein.
Die Gefahr des Überkonsums
Ein regelmäßiger Überkonsum von Zucker führt zu einem dauerhaft hohen Insulinspiegel. Dies kann zu Insulinresistenz und letztendlich zu Typ-2-Diabetes führen. Auch Übergewicht ist eine häufige Folge von zu viel Zucker in der Ernährung, was wiederum das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Die WHO empfiehlt, nicht mehr als 50g freien Zucker pro Tag zu konsumieren – ein Wert, der durch den Verzehr von nur 250ml Apfelsaft und 50g Schokolade bereits überschritten werden kann.
Gibt es eine Zucker-Sucht?
Zucker-Sucht ist ein kontroverses Thema. Studien zeigen, dass der Konsum von Zucker das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert, ähnlich wie wir es von vielen psychoaktiven Substanzen kennen. Menschen, die regelmäßig viel Zucker konsumieren, berichten außerdem von einem starken Verlangen und von Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen oder Reizbarkeit, wenn sie ihren Konsum reduzieren. Alles Merkmale, die wir von einer klassischen Abhängigkeitsdiagnose kennen. Gegner dieser Hypothese weisen allerdings darauf hin, dass sich die “Sucht” nie gezielt auf Zucker bezieht, sondern auf hochverarbeitete Lebensmittel, die neben Zucker auch Fett und raffinierte Kohlenhydrate enthalten. Das Verhalten wird aktuell mit der Forschungs-Diagnose “Food Addiction” beobachtet und geprüft.
Ist Zucker eine Droge?
Ob Zucker als Droge klassifiziert werden kann, hängt von der Definition ab. Auf Wikipedia werden Drogen wie folgt definiert:
Anhand dieser Definition merkt man schnell, dass der Drogen-Begriff bei Zucker nicht ganz passt. Zucker ist ein wichtiger Bestandteil unserer Ernährung, ohne den unser Körper nicht lebensfähig ist. Außerdem hat Zucker keine unmittelbaren, bewusstseinsverändernden Wirkungen wie Alkohol oder andere Drogen. Zwar gibt es Berichte über einen „Zucker-High“ – ein Gefühl von gesteigerter Energie und Euphorie nach dem Konsum von Zucker – aber wissenschaftliche Studien konnten diesen Effekt nicht klar bestätigen. Eine umfassende Review-Studie der Humboldt-Universität zu Berlin zeigte sogar, dass Zucker die Wachsamkeit verringern und Müdigkeit fördern kann, anstatt einen positiven Effekt auf die Stimmung oder die Konzentration zu haben.
Warum brauchen wir den Drogen-Begriff?
An dieser Stelle sollte man jedoch kritisch hinterfragen, warum Zucker oft als Droge bezeichnet wird. Nach meiner Erfahrung zielt dies meist darauf ab, eine Substanz negativ zu konnotieren. Doch dies trägt nur weiter zur Stigmatisierung bei. Mit meiner Arbeit rund um PSYCHOAKTIV setze ich mich dafür ein, Drogen mit einem “nüchternen” Blick in all ihren Facetten zu betrachten – ohne dass der Begriff automatisch etwas Positives oder Negatives ausdrücken soll. Versteht mich nicht falsch, ich bin absolut dafür, unseren Zuckerkonsum und den Umgang der Politik mit diesem Thema kritisch zu hinterfragen und zu problematisieren. Meiner Meinung nach brauchen wir dafür jedoch nicht den Begriff „Droge“.
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Quellen:
Berger, R. (2021). Zucker: Süßes Wissen für die Praxis: mit 102 Abbildungen und 2 Tabellen (1. Auflage). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Zucker | Deutscher Apotheker Verlag (deutscher-apotheker-verlag.de)
Bäuerlein, B., & Dexheimer, I. (2022). Der Zucker-Kompass: So gefährlich ist Zucker wirklich: die neuesten Erkenntnisse aus der Wissenschaft: mit großem Praxisteil (1. Auflage). TRIAS. Der Zucker-Kompass | 9783432113593 | Thieme Webshop