Cannabis wird oft als Medikament verwendet, aber ist es wirklich immer eine medizinische Anwendung oder reden sich viele Menschen den Konsum nur schön? In diesem Beitrag möchte ich die verschiedenen Konsummuster von Cannabis untersuchen und die Frage stellen: Nutzen wir Cannabis tatsächlich zur Selbstmedikation, oder ist es manchmal nur eine Form der Selbsttäuschung? Unter diesem Link kannst du die Podcast-Folge auf deinem Lieblings-Player hören!
Rahmenbedingungen eines Cannabis-Patienten
Seit der Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken im April 2024 hat sich auch einiges im Bereich des Medizinalcannabis verändert, da Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtmG) gelöst wurde und nun mit dem Medizinal-Cannabisgesetz (MedCanG) reguliert wird. Cannabis ist allerdings schon seit 2017 als Rezepturarzneimittel zugelassen und kann bei einer Vielzahl von Symptomen eingesetzt werden, von ADHS über chronische Schmerzen bis hin zu Migräne. Diese breite Anwendbarkeit ist gleichzeitig ein Vorteil und ein Nachteil, denn oft entsteht das Bild, dass Cannabis ein „Wundermittel“ für alles sei.
Trotz der Teillegalisierung bleiben Herausforderungen wie die Kostenübernahme durch Krankenkassen und der Zugang zu ärztlichen Verschreibungen bestehen. Viele Cannabis-Patienten müssen vor einer Cannabis-Verschreibung erst alle anderen Medikamente für ihre Erkrankung erfolglos ausprobieren, bis Cannabis überhaupt in Erwägung gezogen wird.
Gelungene Selbstmedikation mit Cannabis
Da eine Cannabis-Verschreibung viele Hürden mit sich bringt, ist es logisch, dass Menschen auch zu einer Selbstmedikation greifen, um ihre Symptome zu lindern. Doch was ist eine gelungene Selbstmedikation? Eine Unterscheidung fällt sowohl Fachleuten aus der Suchthilfe, als auch Betroffenen schwer. Deswegen habe ich mal eine kleine Liste zusammengestellt, an welchen Merkmalen ich in meiner Beratungspraxis in der Suchthilfe eine sinnvolle Selbstmedikation festgemacht habe:
- Der Konsum ist planvoll und kontrolliert
- Eine Dosis wurde genau festgelegt
- Der Konsum außerhalb der festgelegten Dosis ist selten
- Dem Konsumenten ist genau bewusst, aufgrund welcher Symptome er Cannabis konsumiert
- Er kennt sich sehr gut mit Cannabis aus
- Er tauscht sich mit anderen Betroffenen aus
- Der Konsum ist nicht affektiv, sondern klar symptomorientiert
Natürlich sind diese Aspekte nicht in Stein gemeißelt und jeder Fall muss individuell betrachtet werden. Trotzdem hoffe ich, dass diese Punkte zur Orientierung dienen können.
Wann entwickelt sich aus Selbstmedikation eine Sucht?
Selbstmedikation birgt das Risiko, in eine Sucht abzugleiten, vor allem, wenn der Konsum nicht reflektiert wird. Dies wird dann “fehlgeleitete Selbstmedikation” genannt. Dieser liegt eine diffuse Selbstmedikation zugrunde. Das bedeutet, dass man zwar merkt, dass Cannabis einem guttut, dies jedoch immer inflationärer nutzt. Ich habe Periodenschmerzen – Cannabis. Ich schäme mich, weil ich eine schlechte Note geschrieben habe – Cannabis. Ich fühle mich unwohl in sozialen Situationen – Cannabis usw. usf. Dadurch nimmt der Konsum von Cannabis immer mehr Lebensbereiche ein, was das Risiko einer Sucht-Entwicklung deutlich erhöht.
Fazit
Ob Medikation oder Genuss – der Konsum von Cannabis bleibt ein komplexes Thema. Es ist wichtig, den eigenen Konsum ehrlich zu reflektieren und nicht zu verharmlosen. Gleichzeitig sollten wir uns bemühen, die verschiedenen Formen des Konsums zu normalisieren und eine offene, wertschätzende Diskussion darüber zu führen, ohne Cannabis zu glorifizieren oder zu verteufeln.
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