Das Wichtigste in Kürze

✓ Heroin war früher ein Medikament, das in Apotheken frei verkäuflich war!

✓ Inzwischen enthält Heroin gerade einmal 7-20% Diamorphin.

✓ Heroin kann inhaliert, nasal oder injiziert (intravenös oder anal) werden.

✓ Je nach Konsumart kommen weitere Risiken hinzu.

✓ Du hörst lieber Podcasts? Dann findest Du die ausführliche Podcast-Folge unter diesem Link.


Inhalt


Was ist Heroin?

Viele Menschen können sich gerade aufgrund der Erzählungen von Christiane F. Wir Kinder von Bahnhof Zoo etwas zu Heroin vorstellen. Häufig wird Heroin mit schnellem Verfall, Kriminalität und prekären Lebenslagen in Verbindung gebracht. Doch dem war nicht immer so. Der Hauptwirkstoff in Heroin ist Diamorphin oder auch Diacetylmorphin. Als Synonym eignen sich die Begriffe allerdings nicht, da das Heroin auf der Straße inzwischen nur noch 9-20% Diamorphin enthält. Diese Substanz kann sowohl geschnupft, inhaliert oder intravenös konsumiert werden. Seltener wird sie auch mit einer Spritze anal injiziert. Heroin findet seinen Ursprung allerdings in der Medizin!


Die Geschichte von Heroin

Die Geschichte von Heroin beginnt eigentlich mit Opium, das bereits 3300 v. Chr. von den Sumerern als „Pflanze der Freude“ beschrieben wurde. Über Jahrtausende wurde Opium für medizinische und rituelle Zwecke in Mesopotamien, Ägypten und Griechenland genutzt. Im Mittelalter brachten arabische Ärzte das Wissen um die heilende Wirkung von Opium nach Europa.

Im 19. Jahrhundert isolierte Friedrich Sertürner Morphin, das Hauptalkaloid von Opium, das als Grundlage für die spätere Entwicklung von Heroin diente. 1874 synthetisierte der englische Chemiker Charles Romley Alder Wright erstmals Heroin durch die chemische Modifikation von Morphin, aber erst Bayer brachte die Substanz 1898 unter dem Namen „Heroin“ als Hustenmittel auf den Markt. Der Name leitet sich von „Heros“ (Held) ab, was auf die vermeintlich „heldenhafte Wirkung“ hinweisen sollte.

Obwohl schon 1911 im British Pharmaceutical Codex festgehalten wurde, dass Heroin ebenso süchtig mache wie Morphin, war es trotzdem in vielen Ländern Rezeptfrei erhältlich.

Doch bald zeigte sich, dass Heroin ebenso süchtig macht wie Morphin, was zu seiner Illegalisierung führte: Die USA verboten Heroin 1924, Deutschland folgte 1929. Nach dem Verbot entwickelte sich ein globaler Schwarzmarkt, der bis heute besteht.

Der Schwarzmarkt wurde lange Zeit von Afghanistan versorgt. Denn Afghanistan produzierte bis zu 80 % des weltweiten Opiums. Doch seit die Taliban 2021 an die Macht kamen, wurde der Anbau drastisch reduziert. Bis 2023 sank die Produktion um 95 %. Dies führte zu einer Verknappung auf den traditionellen Schmuggelrouten und steigenden Preisen.

Doch eine brach legen des Drogenmarktes hat im Rahmen der Prohibition noch nie funktioniert. Nachdem Afghanistan aus Hauptproduktionsland ausgestiegen war, nahm die Produktion im „Goldenen Dreieck“ (Myanmar, Laos, Thailand) stark zu, wodurch Myanmar Afghanistan als führenden Produzenten ablöste. Die reduzierte Verfügbarkeit von Opium für die Herstellung von Heroin hat zudem zu einem verstärkten Einsatz synthetischer Opioide wie Fentanyl geführt, was die Risiken für Konsumierende massiv erhöht.

Falls dich die geschichtlichen Hintergründe der Prohibition näher interessieren, kann ich dir diese Psychoaktiv-Folge empfehlen.


Wie wirkt Heroin?

Je nach Konsumform, hält die Wirkung unterschiedlich lange an:

  • Geraucht: Wirkungseintritt in Sekunden, Dauer bis zu 5 Stunden.
  • Nasal: Wirkungseintritt in Sekunden, Dauer bis zu 7 Stunden.
  • Intravenös: Fast sofortige Wirkung, Dauer bis zu 5 Stunden.

Die Hauptwirkung von Heroin ist eine starke Schmerzstillung. Konsumierende beschreiben es oft als ein warmes, beruhigendes Gefühl, wie unter einer warmen Decke oder wie in Watte gepackt. Ängste, Sorgen, Selbstwertprobleme treten in den Hintergrund und man fühlt sich wohl und entspannt. Dazu kommt eine intensive Euphorie. Außerdem wirkt Heroin hustenstillend und entspannend.


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Wie wirkt Heroin im Gehirn und Körper?

Heroin wird im Körper zu Morphin umgewandelt, das an die sogenannten μ-Opioid-Rezeptoren bindet. Diese befinden sich in Bereichen des Gehirns, die für die Schmerzverarbeitung, das Belohnungssystem und die Atmung zuständig sind.

  • Schmerzlinderung: Heroin wird im Körper schnell zu Morphin umgewandelt. Morphin blockiert die Übertragung von Schmerzsignalen, indem es die Rezeptoren für dieses Signal blockiert. Das Schmerzsignal ist sozusagen „stumm geschaltet“. Außerdem imitiert es auch körpereigene Endorphine, die normalerweise Schmerzen lindern. Endorphine werden allerdings vom Körper schnell wieder abgebaut. Morphin bleibt hingegen länger aktiv und verstärkt so die Wirkung.
  • Euphorie: Wenn Heroin in Morphin umgewandelt wird, imitiert wie gerade schon erwähnt die körpereigenen Endorphine und bindet sich an die Opioidrezeptoren der GABA-Neuronen bzw. an die Nervenzellen. Diese GABA-Neuronen geben normalerweise ein Signal, das Dopamin „ausbremst“. Aber wenn Morphin dazwischenfunkt, wird GABA blockiert. Die Folge? Die Dopamin-Neuronen dürfen ungehemmt arbeiten und große Mengen Dopamin ausschütten. Dopamin ist der Neurotransmitter, der für Glücksgefühle verantwortlich ist.
  • Beeinflussung der Atmung: Die Neuronen, die das Atmen regulieren, besitzen ebenfalls Opioidrezeptoren. Wenn Morphin an diese Rezeptoren bindet, wird die Signalübertragung an die Atemmuskeln unterdrückt.

Welche Risiken hat der Heroin-Konsum?

Die Risiken von Heroin sind zahlreich und betreffen sowohl den kurzfristigen als auch den langfristigen Konsum:

  • Akute Nebenwirkungen: Übelkeit, Erbrechen, Juckreiz, Mundtrockenheit, Hautrötungen, Schwindel, Kopfschmerzen, Verwirrtheit bis hin zu Halluzinationen. Aufgrund der unterschiedlichen Konzentration von Diamorphin im Heroin, ist das Risiko einer Überdosierung sehr hoch!
  • Langzeitnebenwirkungen: Chronische Verstopfung, geschwächtes Immunsystem, Thrombosen, Geschwüre, Libidoverlust, hormonelle Störungen und psychische Probleme wie Depressionen und Schlafstörungen. Außerdem kann es zu Sexueller Unlust kommen bis hin zu Impotenz bei Männern. Der Zyklus der Frau kann beeinflusst werden, was wiederum die Anti-Baby-Pille weniger wirksam macht (Zusätzliche Verhütung verwenden!).
  • Konsumformen-spezifische Risiken:
    • Intravenös: Narbenbildung, Abszesse, Infektionsrisiken (HIV, Hepatitis).
    • Inhalation: Schäden an der Lunge, Hirnschäden (toxische Leukoenzephalopathie) und Bewegungsstörungen.
    • Schnupfen: Schäden an der Nasenschleimhaut bis hin zur Perforation der Nasenscheidewand.

Safer-Use-Praktiken bei Heroin

Für Menschen, die trotz der Risiken Heroin konsumieren, gibt es einige Maßnahmen, um die Schäden zu minimieren:

  1. Sterile Konsummaterialien verwenden (Nadeln, Filter, Löffel, Röhrchen).
  2. Hygiene beachten (Desinfektion der Injektionsstelle).
  3. Kein Konsummaterial teilen, um Infektionen zu vermeiden.
  4. Drug-Checking nutzen, um die Reinheit zu prüfen (in Deutschland leider nur begrenzt verfügbar).
  5. Naloxon griffbereit haben, um Überdosierungen behandeln zu können.
  6. Nicht alleine konsumieren, damit im Notfall Hilfe gerufen werden kann.

Wie lange ist Heroin nachweisbar?

Heroin kann wie folgt nachgewiesen werden:

  • Blut: bis zu 24 Std.
  • Urin: 3-7 Tage
  • Haare: je nach Haarlänge ist der Konsum mehrere Monate nachweisbar.

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Quellen für Blogpost & Podcastfolge:

Auwärter, V., & Kempf, J. (2019). Substanzmonitoring in Drogenkonsumräumen sowie offenen Szenen in Nürnberg und München. In Deutscher Suchtkongress 2019 (Suchttherapie). Georg Thieme Verlag KG.

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UNODC. (2023). Opium economy in Golden Triangle sees steady growth in 2023. Retrieved from https://www.unodc.org

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Bundesärztekammer. (2023). Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger (16. Februar 2023). Berlin: Bundesärztekammer.

Deutsche Aidshife. (n.d.). Zugang zur Diamorphin-Behandlung erleichtern. Retrieved from https://www.aidshilfe.de

Deutsche Aidshilfe. (2024). Diamorphin. Retrieved November 25, 2024, from https://www.aidshilfe.de/diamorphingestuetzte-behandlung-opiatabhaengiger-deutschland-stellungnahme-weiterentwicklung

Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (n.d.). Heroin – Die Sucht und ihre Formen [Faltblatt]. Hamm: DHS. Abgerufen am 25. November 2024, von https://www.dhs.de/infomaterial/heroin-die-sucht-und-ihre-formen

Fleißner, S., Stöver, H., & Schäffer, D. (2023). Take-Home Naloxon: Ein Baustein der Drogennotfallprophylaxe auch in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt – Gesundheitsforschung – Gesundheitsschutz, 66(9), 1035–1041. https://doi.org/10.1007/s00103-023-03705-4

Mella-Raipán, J., Romero-Parra, J., & Recabarren-Gajardo, G. (2020). DARK Classics in Chemical Neuroscience: Heroin and Desomorphine. ACS Chemical Neuroscience. https://doi.org/10.1021/acschemneuro.0c00262

Rehm, J., Fischer, B., & Uchtenhagen, A. (2006). Evaluating long-term effects of heroin-assisted treatment: The results of a 6-year follow-up. Addiction, 101(9), 1503–1510. https://doi.org/10.1111/j.1360-0443.2006.01539.x

Suchtmonitoring Schweiz. (n.d.). Opioide: Marktbezogene Aspekte und Regulierungen. Retrieved November 25, 2024, from https://www.suchtmonitoring.

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