Home » Psychoaktives Magazin » Suchttherapie » Feiern ohne Alkohol oder andere Drogen – meine Tipps

Das Wichtigste in Kürze

✓ Nüchtern zu feiern ist nicht nur eine persönliche Entscheidung. Gesellschaftliche Normen und Gruppendruck machen es oft schwer, aus gewohnten Konsummustern auszusteigen.

✓ Gute Vorbereitung und bewusste Nachsorge helfen, nüchterne Abende positiv zu erleben. Wer sich vorher Gedanken über Trigger, Begleitung und eigene Intentionen macht, bleibt souveräner und entspannter.

✓ Es ist völlig in Ordnung, nüchtern festzustellen, dass nicht alles gleich viel Spaß macht – manchmal verändert sich einfach, was einem Freude bereitet. Diese Ehrlichkeit kann der Anfang echter Selbstwirksamkeit sein.


Inhalt


Warum ist Feiern immer mit Alkohol und Konsum verbunden?

Alkohol ist in unsere Feierkultur verwoben. Wie sehr ist mir noch mal richtig bewusst geworden, als ich letztes Jahr ein Sabbatical gemacht habe und in diesem viele Länder bereist habe, in denen Alkohol kulturell eine untergeordnete Rolle spielt. Dort wird mit Essen, Gemeinschaft und guter Laune gefeiert während bei uns leider häufig eine Festivität ohne Promille nicht mehr vorstellbar ist. Wir müssen uns es leider eingestehen: In Deutschland wird die Freizeit von Alkohol regiert und wenn man das für sich ändern möchte, gilt es für sich zu prüfen wie man dies genau umsetzen möchte und kann, da der Konsum in unserer Gesellschaft stark normalisiert ist.

Schon früh lernen wir, dass Alkohol zur Geselligkeit dazugehört: bei der Konfirmation werden Jugendlichen häufig noch ganz offiziell der erste Drink angeboten. Endlich darf man wie die Erwachsenen anstoßen. Und sobald man 16 wird, ist an Feierlichkeiten ohne Alkohol häufig leider nicht mehr zu denken. Der Konsum gehört in unserer Gesellschaft zum Erwachsenwerden dazu und wird nur wenig hinterfragt. Es entsteht eine gesellschaftliche Konditionierung: gemeinsame Zeit wird mit Alkohol verbunden. Das ist kein Zufall – die Alkoholindustrie investiert jedes Jahr Millionen in Werbung, Sponsoring und subtile Markenbotschaften, die genau dieses Bild aufrechterhalten: dass Alkohol zu Lebensfreude, Geselligkeit und Erfolg dazugehört.

Auch wenn der Zusammenhang zwischen Feiern und Alkohol in unserer Gesellschaft besonders sichtbar ist, gilt dasselbe Prinzip in vielen Subkulturen und Szenen.
In elektronischen Musikkulturen etwa ist der Konsum von Stimulanzien wie Amphetaminen, MDMA oder Kokain häufig eng mit dem Erleben von Energie, Zugehörigkeit und Intensität verknüpft.
In psychedelischen oder alternativen Szenen steht dagegen oft der Wunsch nach Bewusstseinserweiterung, Kreativität oder emotionaler Tiefe im Vordergrund.

Gemeinsam ist all diesen Formen: Substanzen übernehmen eine soziale oder psychologische Funktion, sollen den Spaßfaktor hoch treiben und außergewöhnliche Erlebnisse fördern. Dass der Konsum jedoch so gesellschaftlich flächendeckend in unsere Freizeitkultur eingebunden ist, macht es dementsprechend schwieriger, auszusteigen.


Tipps damit nüchtern feiern auch gelingt

Vorbereitung

  1. Klare Intention setzen:
    Überlege dir warum du nüchtern feiern willst z. B. bessere Schlafqualität, weniger Kontrollverlust, oder einfach, um dich selbst zu erleben, ohne Substanzen. Eine bewusste Haltung stärkt die Selbstwirksamkeit und hilft, nicht in alte Automatismen zu rutschen.
  2. Vorher soziale Sicherheit schaffen:
    Verabrede dich mit Menschen, die wissen, dass du nüchtern bleibst. Ein „Buddy“ kann den Druck rausnehmen und soziale Unterstützung bieten. ABER: sprecht euch vorher ab, dass ihr es auch beide ernst meint. Ein Sober Buddy kann einen für den Abend zwar sehr gut stabilisieren, aber wenn sich einer spontan umentscheidet, fällt es für den anderen häufig schwer, sich trotzdem an seinen nüchternen Vorsatz zu halten!
  3. Trigger antizipieren:
    Denk vorher kurz durch: Wann wird’s schwierig? (z. B. Shots-Runde, Barbereich, langweilige Phasen, Sober Buddy konsumiert doch). Überlege dir, wie du dann reagieren möchtest.
    Das ist im Grunde eine Mini-„Rückfallprophylaxe“ im Freizeitkontext.

Während der Feier

  1. Drink in der Hand behalten:
    Klingt banal, ist aber ein Klassiker. Ein alkoholfreier Cocktail oder Mate in der Hand verhindert unangenehme Fragen und vermittelt soziale Zugehörigkeit.
  2. Früh tanzen oder aktiv werden:
    Bewegung hilft, Endorphine und Dopamin freizusetzen: du aktivierst also dein Belohnungssystem natürlich.
  3. Komm schon nur einen Drink?! – Bereite dich darauf vor!:
    Manche Menschen werden deine Entscheidung nicht zu konsumieren leider nicht einfach so hinnehmen. Eine Möglichkeit ist z.B. sie mit Humor zu entwaffnen („Ich mach gerade den Selbstversuch, ob man auch ohne Ethanol Spaß haben kann – läuft bisher ganz gut.“). So bleibst du souverän und positiv. Falls Personen dich aber immer weiter nerven gewinn Abstand. Es scheint, dass die Personen es nicht schaffen deine Grenzen zu respektieren.
  4. Bewusst genießen:
    Richte deine Aufmerksamkeit auf Sinnesreize: Musik, Lichter, Gespräche. Achtsamkeit verstärkt positive Emotionen und reduziert das Gefühl, „etwas zu verpassen“.

Nach der Feier

  1. Bewusst reflektieren:
    Wie war’s wirklich? Was war anders – besser, schwieriger? Solche Reflexion stärkt langfristig deine Selbstwahrnehmung und hilft, zukünftige Situationen entspannter zu erleben.
  2. Körperliche Erholung:
    Auch ohne Substanzen kann eine Nacht langes Feiern anstrengend sein. Schlaf, Wasser, und gutes Essen unterstützen die Regeneration – und verhindern, dass du den Kater fälschlich als „Fehlens des Alkohols“ interpretierst.
  3. Neue Rituale etablieren:
    Vielleicht feierst du künftig lieber bei Day Raves, Picknicks oder Konzerten ohne Alkoholfokus. Es geht nicht um Verzicht, sondern darum, was stattdessen Freude bringt.

Vielleicht ist jetzt der richtige Moment, um Ihrem Konsum wieder bewusster zu begegnen.
Ich begleite Sie dabei – online, vertraulich und in Ihrem Tempo.


Macht dir feiern ohne Alkohol oder anderen Drogen keinen Spaß?

Es hält sich hartnäckig der Irrglaube, dass uns Dinge nüchtern genauso viel Freude bereiten müssten wie unter Substanzeinfluss.
Diese Vorstellung dient oft als Legitimierung für Konsum: Ich trinke ja nicht, um Spaß zu haben – ich mache meinen Spaß nur ein bisschen spaßiger.
Doch das ist eine deutliche Unterschätzung der Wirkung von Substanzen.

Alkohol und andere Drogen verstärken Emotionen, verändern Wahrnehmung, steigern Antrieb und soziale Offenheit. Sie schaffen also Erlebnisse, die in dieser Intensität ohne sie oft gar nicht entstehen würden.
Wenn man aber beginnt, mehr Nüchternheit in sein Leben einzuladen, wird das für manche schnell spürbar: Man merkt vielleicht, dass Feiern, Bars oder bestimmte Freundeskreise nüchtern gar nicht so viel Freude bereiten wie gedacht. Und dass es tatsächlich der Konsum war, der viele Situationen erst so lustig, leicht oder verbindend gemacht hat.

Der regelmäßige Gebrauch von Substanzen entfernt uns oft unmerklich von unseren eigenen Bedürfnissen. Nüchternheit kann dann zur Einladung werden, sich selbst wieder näher zu kommen – zu spüren, was einem wirklich Freude macht, was guttut und was vielleicht einfach Gewohnheit geworden ist.


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