“Endlich habe ich ne’ Alternative zu den ganzen Tabletten!”
springt es einen geradezu von der Plakatwand der Initiative Endlich e.V. an. Mit der Alternative ist Cannabis gemeint. Was wie Werbung für Cannabis anmutet, soll eigentlich das Stigma gegenüber Medizinal-Cannabis-Patient:innen reduzieren. Meiner Meinung nach wirkt es dennoch wie Werbung, und dass zwei Medizinal-Cannabis-Unternehmen an dieser Kampagne beteiligt sind, verstärkt diesen Eindruck eher bei mir.
Bei diesem Plakat wurde ich besonders stutzig. Warum? Weil ich der Person schon länger auf Instagram folge. Mit medizinischem Gebrauch von Cannabis habe ich sie allerdings noch nie in Verbindung gebracht. Sie macht klassischen “Stoner-Content” und präsentiert den Cannabis-Konsum eher als Lifestyle statt als Medizin. Sie raucht auf ihrem Instagram-Kanal mit über 130.000 Followern ausschließlich Joints, anstatt eine weniger gesundheitsschädliche Konsumart wie z.B. das Vapen zu nutzen, und auch von medizinischen Hintergründen ihres Konsums habe ich bisher nichts auf ihrem Profil entdeckt.
Natürlich kenne ich die Person nicht persönlich und weiß nicht, mit welchen Hintergründen sie Cannabis konsumiert. Ich beziehe mich hier lediglich auf das, was aufgrund ihres Contents bei mir ankommt.
Von welchen Tabletten wird hier also gesprochen? Und ist Cannabis das plötzliche Allheilmittel für alles, wo der Schuh drückt? Denn genau so mutet die Plakat-Kampagne an und fördert meiner Meinung nach eine Denkweise, die auch in der Suchttherapie relevant werden kann…
Warum konsumiere ich denn jetzt eigentlich Cannabis?
Aufgrund der langen Prohibition von Cannabis mussten sich viele Menschen, die einen medizinischen Nutzen darin fanden, selbst behandeln. Es gibt zahlreiche Beispiele von Menschen, die das mit Erfolg geschafft haben und nun durch die Legalisierung eine große Erleichterung erfahren haben.
Der Begriff “Selbstmedikation” ist allerdings sowohl in der suchttherapeutischen Praxis als auch für Konsumierende schwierig. Es ist nicht immer leicht zu unterscheiden, ob wirklich eine sinnvolle Selbstmedikation vorliegt oder ob man sich Ausreden sucht, um den eigenen Konsum vor sich selbst zu rechtfertigen.
Aus eigener Erfahrung habe ich festgestellt, dass Menschen, die gezielt eine Selbstmedikation mit Cannabis vornehmen, sehr genau schildern können, warum sie dies tun, wie viel sie konsumieren und wo ihre Grenzen liegen. Meist ging dieser Entscheidung eine Reihe von Enttäuschungen durch andere Medikame…