Das Wichtigste in Kürze
✓ Sucht bzw. das Abhängigkeitssyndrom ist eine psychische Erkrankung, die nach Kriterien der ICD-10 bestimmt wird. Die Menge des Konsums spielt dabei erst einmal keine Rolle
✓ Ob man die Diagnosekriterien erfüllt oder nicht, ist erst einmal zweitrangig. Viel wichtiger ist, dass man seinen Konsum ehrlich reflektiert und Veränderungen herbeiführt, wenn man sich mit seinem Konsum nicht wohl fühlt.
✓ Nicht jede Schieflage im Konsum benötigt eine umgehende Abstinenz. Hier gilt es für sich selbst zu schauen, was der nächste realistische Schritt für einen selbst ist.
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Inhalt
Was ist eine Sucht?
Das Wort “Sucht” kommt uns im Volksmund deutlich häufiger über die Lippen, als es vielleicht angebracht ist. Gerade wenn jemand ausufernders Verhalten zeigt, wird dieses gerne als “süchtig” betitelt. Der offizielle Begriff der Erkrankung ist allerdings Abhängigkeitssyndrom oder aktueller Substanzgebrauchsstörung. Gemeint ist eine psychische Erkrankung mit klar definierten Diagnosekriterien – ähnlich wie bei anderen Krankheiten.
Nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) liegt eine Abhängigkeit vor, wenn innerhalb eines Jahres mindestens drei von sechs Kriterien erfüllt sind:
- Starkes Verlangen die Substanz zu konsumieren.
- Verminderte Kontrolle über Beginn, Ende und Menge des Konsums.
- Auftreten von Entzugssymptomen.
- Toleranzentwicklung: Man braucht mehr, um denselben Effekt zu spüren.
- Fortgesetzter Konsum trotz schädlicher Folgen (sozial, psychisch und physisch!).
- Vernachlässigung anderer Interessen und Verpflichtungen zugunsten des Konsums.
Spannend dabei: die Menge allein entscheidet nicht, ob eine Abhängigkeitserkrankung vorliegt oder nicht. Doch um so mehr man konsumiert, um so wahrscheinlicher ist es, dass man am Ende die Kriterien erfüllt.
Hier habe ich übrigens auch einen Artikel zu Rückfällen geschrieben.
Wie geht es dir mit deinem Konsum?
Die Diagnose einer Abhängigkeit ist vor allem für Krankenkassen und Leistungsträger wichtig. Für dich persönlich ist die entscheidende Frage oft eine andere:
- Wie fühle ich mich nach dem Konsum?
- Beeinträchtigt er meinen Schlaf, meine Stimmung oder meine Leistungsfähigkeit?
- Habe ich das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren oder gegen meine eigenen Werte zu handeln?
Viele Probleme durch Konsum beginnen lange bevor eine Diagnose gestellt werden könnte. Vielleicht merkst du, dass du ohne Alkohol schwerer abschalten kannst, dass du dich am nächsten Tag ausgelaugt fühlst oder dass du mehr kiffst, als du eigentlich möchtest. Das sind Signale, die ernst genommen werden sollten – auch wenn sie noch keine „offizielle“ Abhängigkeit darstellen.
Halte dich also nicht mit der Frage auf, ob du vielleicht süchtig bist oder nicht. Denn schon allein dass du sie dir stellst, ist ein klarer Hinweis darauf, dass du dich mit deinem aktuellen Konsum nicht wohl fühlst!
Muss ich aufhören zu konsumieren?
Wenn man Probleme mit dem Konsum hat, denken viele sofort: „Ich muss komplett aufhören.“ Der Gedanke an sofortige Abstinenz kann jedoch sehr überwältigend wirken – und für viele Menschen wie ein unüberwindbarer Schritt. Dabei gibt es mehrere Wege mit Konsumproblemen umzugehen.
Für manche kann ein kompletter Verzicht sinnvoll sein, zum Beispiel wenn gesundheitliche Schäden bereits deutlich spürbar sind oder wenn der Kontrollverlust sehr stark ist. Für andere ist es hilfreicher, zunächst den Konsum zu reduzieren oder bewusst zu verändern. Schon kleine Schritte wie etwa alkoholfreie Tage, weniger häufige Gelegenheiten oder ein klarer Rahmen können spürbare Verbesserungen bringen: besserer Schlaf, stabilere Stimmung, mehr Energie im Alltag.
Es gibt dabei nicht nur den einen richtigen Weg. Manchmal führt ein schrittweises Vorgehen sogar langfristig erfolgreicher zur Veränderung, weil man sich nicht direkt überfordert. Und oft entsteht aus der Erfahrung, dass man etwas verändern kann, überhaupt erst das Vertrauen, weitere Schritte zu gehen.
Sie fragen sich, ob Ihr Konsum problematisch ist oder ob Sie Unterstützung brauchen? Vereinbaren Sie ein unverbindliches, kostenfreies Erstgespräch – und wir schauen gemeinsam auf Ihre Situation.