Das Wichtigste in Kürze
✓ Elon Musk spricht offen über seinen ärztlich begleiteten Ketaminkonsum, laut eigenen Angaben alle zwei Wochen, laut Aussagen Dritter deutlich häufiger.
✓ Der Artikel der New York Times wirft Musk Substanzkonsum vor, bleibt aber in wesentlichen Punkten vage: Keine klaren Angaben zu Dosis, Zeitpunkt oder Auswirkungen.
✓ Drogenkonsum wird oft stigmatisierend dargestellt, vor allem, wenn er nicht pathologisch ist. Eine differenzierte Einordnung fehlt in der Berichterstattung häufig.
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Inhalt
> Drogen als garantierte Schlagzeile – der Fall Elon Musk
> Was wissen wir über den Drogenkonsum von Elon Musk?
> Wie wird Ketamin medizinisch eingesetzt?
> Warum müssen wir differenziert über Drogenkonsum berichten?
Drogen als garantierte Schlagzeile – der Fall Elon Musk
Die New York Times hat im Juni 2024 einen viel beachteten Artikel veröffentlicht, der den Drogenkonsum von Elon Musk diskutiert. Neben privaten Themen wie seinen vielen Kindern mit unterschiedlichen Partnerinnen geht es vor allem um seinen Drogenkonsum wird der Konsum von Adderall, Ecstasy, Ketamin und Psilocybin-Pilzen geschildert. Das Medienecho auf diesen Artikel war enorm, eine Schlagzeile, die den Substanzkonsum von Musk thematisierte, reihte sich an die Nächste.
Doch als ich den Artikel der New York Times gelesen habe, dachte ich mir ehrlich gesagt: ganz schön mager für so viel Wirbel! Dementsprechend möchte ich diesen Artikel zum Anlass nehmen um auf ein paar Feinheiten in der Berichterstattung zu Drogenkonsum hinzuweisen.
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Was wissen wir über den Drogenkonsum von Elon Musk?
Musk selbst sagte im Interview mit Don Lemon, er nehme „eine kleine Menge Ketamin alle zwei Wochen“ ärztlich verschrieben, zur Behandlung negativer Stimmung. Er argumentiert, dass bei zu hoher Dosierung keine Arbeit mehr möglich sei und er habe sehr viel Arbeit. Sein Konsum ist also kein Geheimnis, die Frage, die sich allerdings stellt, ist: Wie häufig und ist er aufgrund seines Konsums noch arbeitsfähig?
Denn laut dem NYT-Artikel berichten enge Vertraute von einem weitaus häufigeren Konsum, teilweise täglich, sowie davon, dass Musk Ketamin-Infusionen in Hotels bekomme. Auch Blasenprobleme, ein bekanntes Risiko bei chronischer Anwendung von Ketamin, habe er selbst angesprochen.
Neben Ketamin werden auch andere Substanzen wie MDMA, Psilocybin-Pilzen und Adderall erwähnt.
“He took Ecstasy and psychedelic mushrooms. And he traveled with a daily medication box that held about 20 pills, including ones with the markings of the stimulant Adderall, according to a photo of the box and people who have seen it.”
Diese Passagen bleiben im Artikel extrem vage – ohne Kontext, zeitliche Einordnung oder Differenzierung. Es bleibt unklar, ob, wann und in welcher Dosierung Musk Substanzen wie MDMA oder Adderall konsumiert hat. Auch wird nicht aufgeschlüsselt, wie viele der erwähnten 20 Pillen in seiner Box tatsächlich Adderall waren. Statt Einordnung dominiert Aufzählung – nach dem Prinzip: je mehr Substanzen, desto stärker der Eindruck von Kontrollverlust.
Das Problem dabei: Substanzkonsum außerhalb von Koffein, Alkohol und Tabak wird gesellschaftlich häufig als grundsätzlich problematisch bewertet. Medienberichte bedienen damit ein leicht zu aktivierendes Empörungspotenzial. Umso wichtiger wäre eine journalistische Einordnung, die nicht auf Diffamierung durch bloße Drogennennung setzt, sondern den Kontext sichtbar macht.
Wie wird Ketamin medizinisch eingesetzt?
Ketamin ist ein bewährtes Anästhetikum in der Notfallmedizin auch in Deutschland. Zugelassen ist es zudem als Nasenspray (Spravato) bei therapieresistenten Depressionen, allerdings nur unter strenger medizinischer Aufsicht. Auch Ketamin-Infusionen werden in spezialisierten Kliniken angeboten, meist als Privatleistung.
In den USA ist die Regulierung weniger streng. Es gibt Ketamin-Kliniken, aber auch Anbieter, die Infusionen ins Hotel oder nach Hause bringen. Ein klar geregeltes Protokoll fehlt häufig. Auch deshalb ist die Abgrenzung zwischen therapeutischem und freizeitlichem Konsum in manchen Fällen schwer nachvollziehbar.
In meinem Podcast Psychoaktiv gibt es auch ein spannendes Interview zum Thema Ketamin:
Warum müssen wir differenziert über Drogenkonsum berichten?
Der Artikel der New York Times greift zwar einen realen Diskurs über Macht, Verantwortung und Substanzkonsum auf, bleibt in seiner Dramaturgie aber problematisch. Während der Ketamin-Konsum zumindest ansatzweise eingeordnet wird, geschieht dies bei anderen Substanzen nicht. Die „Pillenbox mit 20 Medikamenten“, Ecstasy und Pilze werden lediglich erwähnt – ohne Kontext, ohne Zeitangabe, ohne erkennbare Relevanz.
Solche Darstellungen fördern Stigmatisierung. Sie verknüpfen Drogenkonsum pauschal mit Kontrollverlust und Unzuverlässigkeit unabhängig davon, ob es sich um problematischen Konsum handelt. Für Abhängigkeitserkrankungen wird mittlerweile oft eine differenzierte Sichtweise eingefordert. Doch Substanzkonsum ohne Diagnose? Das darf Stoff für Skandale liefern.
Wann wird Drogenkonsum zum Problem?
Nicht jeder Drogenkonsum macht eine Person ungeeignet für politische oder wirtschaftliche Verantwortung. Entscheidend ist nicht, ob jemand konsumiert, sondern wie und mit welchen Auswirkungen. Auch legale Substanzen wie Alkohol können Urteilsvermögen und Entscheidungsfähigkeit massiv beeinträchtigen, werden aber selten in gleicher Weise zum Gegenstand medialer Skandalisierung gemacht.
Problematisch wird es dort, wo jemand über längere Zeiträume regelmäßig und im hohen Maße konsumiert und gleichzeitig Aufgaben übernimmt, die ein hohes Maß an Konzentration, Stabilität und Transparenz erfordern. Ob das bei Musk der Fall ist, lässt sich auf Basis des Artikels nicht abschließend beurteilen.
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