Das Wichtigste in Kürze

✓ Unsichere oder fehlende Bindungserfahrungen in der Kindheit können den Grundstein für eine spätere Suchtentwicklung legen.

✓ Stabile Beziehungen können dabei helfen, aus der Sucht herauszuwachsen, wenn die betroffene Person zuvor biografische Arbeit geleistet hat.

✓ Der Weg aus der Sucht ist individuell. Eine Partnerschaft ist defnitiv keine Voraussetzung, um ein suchtfreies Leben zu führen.

✓ Du hörst lieber Podcasts? Dann findest du die ausführlichere Folge unter diesem Link.


Inhalt


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Herauswachsen aus der Sucht – die 7 Phasen nach Prins

In seiner Doktorarbeit aus dem Jahr 1995 untersucht Engel H. Prins, wie Menschen ihren Weg aus einer Sucht herausfinden können, und fand dabei heraus, dass Bindungen und Beziehungen eine zentrale Rolle spielen. Er entwickelte eine Theorie anhand von sieben Phasen, die diesen Prozess des „Herauswachsens“ aus der Sucht verdeutlichen.

  1. Die Einstiegs-Phase beschreibt die Bindungserfahrungen in der Kindheit. In dieser Zeit werden wichtige Grundsteine für Bindungen gelegt. Unsichere oder fehlende Bindungen können die spätere Entwicklung einer Sucht stark beeinflussen.
  2. Unbemerkte Warnsignale treten schon vor dem Drogenkonsum auf. Seelisches Ungleichgewicht zeigt sich oft in Form von Rückzug, Isolation oder körperlichen Beschwerden. Diese Signale werden häufig von den wichtigen Bindungspersonen (Eltern, Großeltern etc.) nicht erkannt oder ignoriert.
  3. Der Beginn des Drogenkonsums ist oft ein Versuch, fehlende Bindungen oder ein Gefühl der inneren Verlorenheit zu kompensieren. Drogen bieten zunächst eine kurzfristige Erleichterung oder das Gefühl von Gemeinschaft.
  4. Balancing, also das Leben mit der Sucht, beschreibt Strategien, um trotz Abhängigkeit eine gewisse Lebensbalance zu finden. Routinen oder Unterstützungsstrukturen (z.B. Substitutionsbehandlungen) helfen dabei, die Sucht in den Alltag zu integrieren, ohne dass es sofort zu einem völligen Zusammenbruch kommt.
  5. Die Abwärtsspirale beginnt, wenn diese Lebensbalance zusammenbricht. Es kommt zu einem zunehmenden Verlust der Kontrolle, verschärften Problemen und dem Gefühl, den Tiefpunkt erreicht zu haben.
  6. Der Wendepunkt ist der Moment, in dem Betroffene ihre Situation ernsthaft hinterfragen und entscheiden, etwas zu ändern. Dieser Punkt muss nicht zwingend der absolute Tiefpunkt sein, sondern kann auch eine bedeutende Einsicht oder Erfahrung sein.
  7. Das Herauswachsen aus der Sucht wird nach Prins durch eine stabile Bindungsperson und biografische Arbeit manifestiert. Die persönliche Identität muss sich so weit stabilisieren, dass der Entschluss, nicht mehr zu konsumieren, dauerhaft umgesetzt werden kann. Allerdings betont Prins auch, dass der Druck eine Bindungsperson zu verlieren, wenn weiter konsumiert wird, eine entscheidene Rolle spielt.

Ich finde die Studie wirklich sehr spannend und entdecke häufig sehr viel Wahrheit in meiner Praxis, doch man sollte sie auch nicht fehlinterpretieren…


Eine Beziehung bzw. Bindung allein heilt keine Sucht

Man könnte aus den Studienergebnissen herauslesen, dass eine Beziehung allein aus der Sucht heraushelfen kann. Zwar kann eine stabile Bindungsperson den Heilungsprozess unterstützen, doch dies funktioniert nur, wenn die betroffene Person bereit ist, sich mit der eigenen Biografie auseinanderzusetzen. Eine gesunde Beziehung setzt voraus, dass bereits biografische Arbeit geleistet wurde, um die eigenen Bindungsmuster zu verstehen und zu verändern. Ohne diese innere Arbeit kann eine neue Beziehung sogar destabilisieren, da diese überfordert! Beziehungen sollten als Unterstützung verstanden werden, nicht als alleinige Lösung für ein inneres Problem.


Angehörige tragen nicht die Verantwortung für die Sucht-Heilung!

Ebenso gefährlich ist die Vorstellung, dass Angehörige die Verantwortung für den Heilungsprozess der betroffenen Person tragen. Partner oder Familienmitglieder können motivieren und Unterstützung anbieten, aber sie sind nicht für den Konsumverzicht verantwortlich. Es ist wichtig, eine klare Grenze zu ziehen zwischen der eigenen Rolle und der der betroffenen Person. Angehörige dürfen sich nicht schuldig fühlen, wenn ihre Unterstützung nicht zu einem sofortigen oder vollständigen Ausstieg führt. Suchtüberwindung ist ein individueller Prozess, der auch ohne eine romantische oder familiäre Beziehung gelingen kann. Gleichzeitig gibt es Menschen, die trotz stabiler Partnerschaft in eine Abhängigkeit geraten. Die Realität ist komplexer, als es einfache Erklärungen vermuten lassen.


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