Das Wichtigste in Kürze
✓ Anabole Steroide (AAS) sind künstlich hergestellte Hormone, die in der Medizin u. a. zur Behandlung von Testosteronmangel und Muskelschwund eingesetzt werden. Im Sport und Bodybuilding werden Anabole Steroide zur Leistungssteigerung und Muskelwachstum genutzt.
✓ Neben körperlichen Effekten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leberschäden und Hormonstörungen können auch psychische Probleme wie Aggressivität, Depressionen und Abhängigkeit auftreten.
✓ Viele AAS-Produkte vom Schwarzmarkt sind verunreinigt oder falsch dosiert und bergen zusätzliche Gesundheitsrisiken.
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Was sind Anabolika?
Der Begriff “Anabolika” wird häufig synonym mit anabolen Steroiden verwendet. Das ist allerdings nicht korrekt. Anabolika ist ein Überbegriff für Substanzen, die eine muskelaufbauende Wirkung haben. Dazu zählen neben den anabolen Steroiden auch Beta-2-Agonisten wie Clenbuterol, Wachstumshormone, Insulin sowie Erythropoetin. Wir wollen uns hier trotzdem ausschließlich auf Anabole Steroide konzentrieren, da der Konsum dieser ein Suchtpotenzial birgt.
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Wie wirken Anabole Steroide?
Bei Anabole Steroiden handelt es sich um Hormone, die im Körper an sogenannte Androgenrezeptoren binden. Damit fördern sie die Proteinsynthese in den Muskeln, was zu einer anabolen, also muskelaufbauenden Wirkung führt. Gleichzeitig rufen sie eine androgene Wirkung hervor, also eine Beeinflussung der Entwicklung männlicher Geschlechtsmerkmale. Daher spricht man auch von anabolen-androgenen Steroiden, kurz AAS. In der Medizin finden AAS bei Testosteronmangel, Muskelschwund oder einer verzögerten Pubertät Anwendung. Im nicht-medizinischen Bereich werden sie vor allem im Bodybuilding und Kraftsport eingesetzt. Nutzerinnen und Nutzer erwarten sich davon nicht nur mehr Muskelaufbau, sondern auch einen schnelleren Fettabbau, eine verbesserte Regeneration, eine Kraftsteigerung sowie ästhetische Effekte.
Anwendung von Anabolen Steroiden beim Body Building
Im Gebrauch unterscheiden sich verschiedene Anwendungsmuster. Unter „Cycling“ versteht man den Wechsel zwischen Einnahme- und Absetzphasen. Beim „Stacking“ werden mehrere AAS kombiniert, um die Wirkung zu maximieren. Das sogenannte „Pyramiding“ beschreibt eine schrittweise Erhöhung der Dosis, die später wieder reduziert wird. Ein weiteres verbreitetes Muster ist das „Blast & Cruise“, bei dem sich Hochdosisphasen und niedrig dosierte Erhaltungsphasen abwechseln. Anabole Steroide können auf verschiedene Arten konsumiert werden. Die häufigste Methode ist die intramuskuläre Injektion. Orale Einnahme ist ebenfalls verbreitet, führt jedoch häufig zu einer erhöhten Belastung der Leber. Seltener wird die transdermale Anwendung in Form von Gels oder Pflastern genutzt. Experimentell ist auch die subkutane Injektion, zu der es bislang allerdings wenig Forschung gibt.
Risiken von Anabolen Steroiden
Die körperlichen Nebenwirkungen von AAS sind vielfältig. Besonders problematisch sind Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System. AAS können zu Bluthochdruck, einer Verdickung des Herzmuskels, Störungen der Blutfettwerte sowie zu einer beschleunigten Arteriosklerose führen, was das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle deutlich erhöht. Auch die Leber ist belastet. Orale Steroide sind bekannt dafür, Leberschäden bis hin zu Tumoren zu verursachen. Erhöhte Leberwerte sind ein häufiges Warnsignal. Die Nieren können ebenfalls überlastet werden, insbesondere durch Substanzen wie Trenbolon oder Stanozolol. Häufig kommt es zu erhöhten Kreatinin- und Harnstoffwerten. Auf der Haut zeigen sich Nebenwirkungen oft in Form von schwerer Akne, fettiger Haut oder Haarausfall. Muskeln und Sehnen sind durch das schnelle Muskelwachstum gefährdet. Sehnen können spröde werden, was das Risiko für Risse und Verletzungen deutlich erhöht.
Auch auf psychischer Ebene kann es unerwünschte Wirkungen geben. Es kann zu gesteigerte Aggressivität, Impulsivität, Schlafstörungen, Unruhe und mitunter Angststörungen kommen. Nach dem Absetzen können Depressionen, Antriebslosigkeit und sogar Suizidalität auftreten. Manche Nutzerinnen und Nutzer entwickeln eine sogenannte Muskel-Dysmorphie, auch bekannt als „Bigorexie“. Dabei handelt es sich um eine Körperbildstörung, bei der trotz sichtbarer Muskelmasse das Gefühl besteht, immer noch zu schmal zu sein.
Hormonelle Nebenwirkungen betreffen sowohl Männer als auch Frauen. Männer erleben häufig Hodenschrumpfung, Erektionsprobleme, Libidoverlust oder eine Gynäkomastie, also eine Vergrößerung der Brustdrüsen. Frauen berichten über Vermännlichung, Zyklusstörungen, Unfruchtbarkeit und eine veränderte Fettverteilung. Bei Jugendlichen kann es zusätzliche hormonelle Störungen geben. Neben einem frühzeitigen Wachstumstoppen kann die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigt werden, insbesondere der präfrontale Kortex, der für Impulskontrolle und Emotionsregulation zuständig ist.
Wie sicher sind Anabole Steroide vom Schwarzmarkt?
Ein weiteres Risiko ergibt sich aus der Beschaffung der Substanzen über den Schwarzmarkt. Viele Produkte sind verunreinigt, falsch dosiert oder enthalten nicht die angegebenen Wirkstoffe. Studien zeigen, dass nur etwa ein Viertel der getesteten Präparate pharmazeutischen Standards entspricht. Fälschungen und Verunreinigungen mit Lösungsmittelresten, Bakterien oder Schwermetallen sind keine Seltenheit und können schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Zusätzlich tauchen immer wieder sogenannte Designer-Steroide auf, deren Zusammensetzung, Wirkung und Langzeitfolgen kaum erforscht sind.
Auch wenn anabole Steroide nicht zu den klassischen psychoaktiven Substanzen zählen, sind sie dennoch ein Thema für die Suchthilfe. Die Substanzen führen zwar nicht direkt zu einer Bewusstseinsveränderung, können aber durch psychotrope Effekte, Kontrollverlust und fortgesetzten Konsum trotz negativer Folgen als suchtgefährdend gelten. In einer weiteren Folge oder einem ergänzenden Artikel werden wir uns ausführlich mit dem Suchtpotenzial von AAS beschäftigen (Erscheint am 24.04.2025) – ein Aspekt, der im Feld der Suchthilfe bislang häufig übersehen wird.
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Quellen für Podcastfolge & Blogartikel
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